Die Unternehmensnachfolge ist ein entscheidender Wendepunkt für viele mittelständische Betriebe. In Zeiten, in denen sich negative Trends wie strukturelle demografische Veränderungen, Fachkräftemangel und wirtschaftliche Unsicherheiten überlagern, gestaltet sich der Prozess der Staffelübergabe zunehmend schwierig. Der aktuelle IHK Bericht zeichnet hierzu ein düsteres Bild (https://www.dihk.de/resource/blob/91866/ac3935bed6ddbdff02b9beee94edd326/dihk-report-unternehmensnachfolge-2022-data.pdf)
Demografische und strukturelle Herausforderungen
Die aktuelle Lage, die durch Berichte der Industrie- und Handelskammern (IHKs) beleuchtet wird, spiegelt eine sich verschärfende Problematik wider: Die Anzahl gründungswilliger Personen im Alter zwischen 18 und 40 Jahren sinkt, während gleichzeitig immer mehr Unternehmer das Rentenalter erreichen. Dies führt zu einer schrumpfenden Auswahl an geeigneten Nachfolgekandidaten, während die Zahl der suchenden Unternehmen steigt. Darüber hinaus verlocken stabile Anstellungen mit attraktiven Konditionen qualifizierte Fachkräfte, was das Unternehmertum weniger ansprechend macht.
Aktuelle Entwicklungen und ihre Folgen
Die Corona-Pandemie hat tiefe Spuren in vielen Wirtschaftsbereichen hinterlassen, welche traditionell als Fundament für Unternehmensnachfolgen galten. Lockdowns und Zugangsbeschränkungen haben die Geschäftslagen vieler Unternehmen derart verschlechtert, dass Senior-Unternehmer die Übergabe ihres Lebenswerks vertagen, um das Überleben ihrer Betriebe zu sichern. Diese Vorsicht führt dazu, dass sich 16 Prozent weniger Unternehmer als vor der Pandemie über Unternehmensnachfolgen informieren. Noch alarmierender ist der Rückgang der Interessenten für eine Betriebsübernahme um fast 50 Prozent.
Die emotionale Dimension der Unternehmensnachfolge
Ein signifikanter Teil der Senior-Unternehmer tut sich schwer damit, sich von ihrem Lebenswerk zu lösen. Dieses emotionale Haftenbleiben erschwert es, Vertrauen in die Fähigkeiten und Ideen der potenziellen Nachfolger zu setzen. Es resultiert nicht selten in überhöhten Kaufpreisforderungen, was die Verhandlungen erschwert und die Finanzierung für Nachfolgeinteressenten nahezu unerreichbar macht.
Unzureichende Vorbereitung und Qualifikation
Erschwerend kommt hinzu, dass fast die Hälfte der Unternehmer sich nicht rechtzeitig auf die Nachfolge vorbereitet hat und somit mit den komplexen steuerlich-rechtlichen Aspekten überfordert ist. In der Beratung durch die IHKs zeigt sich, dass auch aufseiten der Nachfolgeinteressenten oftmals ein Qualifikationsbedarf besteht, der die Übernahme eines etablierten Betriebs noch schwieriger gestaltet.
Die wirtschaftliche Komplexität der Nachfolge
Unternehmer stehen auch vor der Herausforderung, dass potenzielle Käufer durch schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen zögern oder zurücktreten. Kleinere Dienstleistungsbetriebe haben zusätzlich mit dem Aufbau einer neuen, starken Kundenbindung zu kämpfen. Die Zukunftsaussichten vieler Branchen sind zudem durch die Corona-Pandemie und die geopolitischen Spannungen, wie den Krieg in der Ukraine, ungewiss geworden.
Steuerliche Hürden
Nicht zu vernachlässigen sind auch die steuerlichen Aspekte der Unternehmensnachfolge. Fragen der Erbschaftsteuer bleiben weiterhin ein Problem, welches die Realisierung einer Unternehmensnachfolge für viele erschwert.
Die Lage ist also komplex. Dennoch ist es entscheidend, dass sowohl Unternehmer als auch Nachfolgekandidaten aktiv werden. Um eine reibungslose und erfolgreiche Übergabe zu gewährleisten, sind eine frühzeitige Planung und Vorbereitung, transparente Bewertungen und realistische Preisvorstellungen, sowie eine sorgfältige und qualifizierte Herangehensweise vonnöten. Es gilt, die Herausforderungen anzunehmen und die Weichen für die Zukunft zu stellen – für die Fortführung von Traditionen, für wirtschaftliche Stabilität und für innovative Entwicklungen.
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